Beim Absturz des Germanwings-Fluges 9525 sind vor nicht ganz einem Monat einhundertfünfzig Menschen durch den Willkürakt eines Einzelnen unschuldig gestorben. Und nun stelle man sich vor: Ein Unglück verglichen mit diesem mitten in Deutschland! Und das alle vierzehn Tage! Was für eine grausame Vorstellung! Unsere Volksvertreter kämen mit den Staatsakten kaum noch nach. Und doch ist es Realität auf deutschen Straßen. Zehn Verkehrstote jeden Tag. Alle zwei Wochen die Passagierzahl des Germanwings-Airbusses. Ausgelöscht. Häufig genug nicht aus eigenem Verschulden, sondern ebenso unschuldig aus dem Leben gerissen wie die Passagiere von Flug 4U9525. Hinkt der Vergleich? Vielleicht ein wenig. Aber in der Regel passieren Verkehrsunfälle nicht einfach, sie werden verursacht.
Gerade in den letzten Tagen sind allein in Köln mehrere Unschuldige Opfer enthemmter Raserei geworden. Unschuldig getötet durch Autorennen mitten in der Stadt. Autorennen! Ein weiteres Auto ist erst gestern auf der Dürener Straße in Lindenthal mit weit überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve geschleudert und über Bürgersteige fliegend in ein Schaufenster gekracht. Fußgänger oder Radfahrer befanden sich nicht in der Flugbahn. Wie das ansonsten ausgegangen wäre, kann man sich denken. Für die verzweifelten Angehörigen solcher Ausbrüche von Dummheit, Ignoranz und fehlgeleiteten Hormonen wird es kaum einen Unterschied machen, ob ihre Lieben durch den verzehrendes Hass eines auf seine Umwelt und sein Leben müde gewordenen Flugzeugpiloten gestorben sind, oder durch die menschenverachtende und zynische Raserei hirnloser PS-Protze, die rücksichtslos Menschen töten und verstümmeln. Mit wird speiübel bei der Vorstellung, welches Leid diese Typen (jawohl, es sind immer! Männer) über unbeteiligte Familien bringen.
Ich erwarte von meinen gewählten Volksvertretern und von den verantwortlichen Entscheidern das gleiche Maß an Betroffenheit, das gleiche Maß an Engagement und Entschlossenheit wie beim Germanwings-Absturz, um diesem menschenverachtenden Treiben Einhalt zu gebieten. Anders als bei der Terrorabwehr, wo es der Staat mit sehr diffusen und schwer greifbaren Bedrohungen zu tun hat, denen er mit erheblichem Aufwand an Geld, Technik und auch grundrechtseinschränkenden Gesetztesinitiativen zu begegnen versucht, wäre hier ein wirklicher Nutzen, die Erhöhung der Sicherheit für Leib und Leben eines jeden Fußgängers und Radfahrers, mit erheblich weniger Aufwand realisierbar.
Die technischen Möglichkeiten, die Geschwindigkeit von Fahrzeugen elektronisch abzuriegeln, sind seit langem gegeben. Billige Sender in Ampelmasten oder Straßenlaternen innerorts und entsprechende Empfänger in den Fahrzeugen könnten diese jederzeit und überall vollelektronisch auf die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit herunterregeln. Alte Fahrzeuge könnten mit Empfängern nachgerüstet werden, die mangels geeigenter Elektronik bei Geschwindigkeitüberschreitungen nicht den Motor herunterregeln, sondern die Gehörgänge des Piloten mit einem hochfrequenten und bis zur Schmerzschwelle anschwellenden Signal darauf aufmerksam machen, dass er sich gerade strafbar macht. Anders als bei mancher kostspieligen Antiterrormaßnahme fände auch keine Einschränkung der Handlungsfreiheit statt, denn außer Einsatzfahrzeugen hat niemand das Recht, sich außerhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu bewegen. Die Möglichkeiten sind da, die Kosten vertretbar, der Nutzen offensichtlich.
Es ist lediglich etwas politischer Wille erforderlich, die Maßnahmen umzusetzen. Bis dahin sollten die Möglichkeiten des Strafrechts konsequent zur Anwendung gebracht werden. Eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung ist mir dabei viel zu wenig. Wer sein Fahrzeug wie eine Waffe einsetzt, als würde er mit einer Kalashnikow blind in eine Menge feuern, zwar ohne Tötungsabsicht, aber unter billigender Inkaufnahme auch zahlreicher Todesopfer, muss auch mit einer Anklage wegen Totschlags konfrontiert werden können.
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