Über das Allez-Gefühl

Haben Sie schon mal ein Damen-Tennisspiel gesehen, in dem Justine Henin-Hardenne mitspielte? Vielleicht wird Ihnen aufgefallen sein, dass sie nach fast jedem gewonnenen Punkt mehr oder weniger laut „Allez“ ([franz.] Na los!, Komm schon!) ruft. Bei ihren Gegenerinnen ist das nicht immer wohl gelitten, weil sie es auch tut, wenn ein gewonnener Punkt auf dem Fehler der Gegnerin beruht. Sie lässt sich von Kritik nicht beirren und tut es weiter. Allez! Warum tut sie das? Sie tut es, weil es sie aufbaut. Sie peitscht sich nach vorn, sie freut sich auch über Schläge, die sie schon tausend Mal gespielt hat und sie schöpft Kraft selbst aus kleinen Erfolgen.

Beim Schreiben ist es ganz ähnlich. Es ist schwer, die entsprechenden Empfindungen in Worte zu fassen. Aber, wenn ich einen Dialog zu Papier (oder zu Bildschirm) gebracht habe, eine Metapher, einen Witz, eine griffige Beschreibung, dann geht es mir häufig wie dieser Tennisspielerin: Ich reiße die Finger von der Tastatur los, springe überwältigt auf, balle die Faust und sage: Ja, das ist es! Klingt melodramatisch, ist aber so. )

Selbst, wenn das Skript schon hunderte Seiten lang ist und Dialoge, Gags und Beschreibungen im Überfluss enthält… selbst, wenn das Gesamtwerk vielleicht der letzte Schund ist und in den Augen eines Lektors nicht einmal müde belächelt wird, so ist es doch immer wieder ein gutes Gefühl, eine Szenerie zu erschaffen, einen Charakter zu beschreiben, ihn ein Gespräch führen zu lassen, das es vorher so nicht gab. Auch, wenn das Skript am Ende durchfällt: Es ist faszinierend zu beobachten, wie aus Worten Sätze, aus Sätzen Szenen und aus Szenen Kapitel werden und es ist großartig, einen Anteil an diesem Schaffensprozess zu haben, wie er stärker nicht sein kann!

Ich halte es für unverzichtbar wichtig, aus der Arbeit Freude zu schöpfen und auch ich bleibe dabei: Und sei es nur der kleine Erfolg eines einzigen Wortes, das mir an dieser Stelle gefällt und das ich schon tausend Mal geschrieben habe. Allez!